habemus papessam!

Wenn in ein paar Tagen von der Loggia des Petersdoms in alle Welt der Ruf erschallt „habemus papam“,  dann ist eines sicher: dass wir nicht nur einen Papst in Rom haben, sondern auch, ja schon vorher, eine Gegenpäpstin im Weissen Haus in Washington.

Dort regiert sie seit dem 7. Februar, dem Tag, an dem Donald Trump sie feierlich eingesetzt hat als Leiterin des „White House Faith Office“, des neuen „Glaubens-Büros“, das, dem Präsidenten, ihm allein, unmittelbar unterstellt, der bisherigen „Diskriminierung der Christen“ in Schulen, Universitäten, Streitkräften, Gerichten und Behörden aller Art ein schleuniges Ende bereiten soll.

Paula White ist ihr Name. In Mississippi am 20. April 1966 zur Welt gekommen ist sie heute eine der tonangebenden amerikanischen Televangelist***innen.  Sie gehört zum engsten Kreis bibelgläubiger Christen um den afroamerikanischen Erzbischof Nicholas Duncan-Williams. Gross ist ihr Einfluss auf den „Young Woman´s Leadership Summit“. Mit finanziellen Engpässen mag es zusammenhängen, dass sie zeitweise „7 übernatürliche Segnungen“ zum Aktionspreis von tausend Dollars vertrieben hat. Auch ihre eigene Kirchengründung, die „Without Walls Central Church,ging 2011 pleite. In dritter Ehe ist sie zur Zeit verheiratet mit Jonathan Cain, dem  beliebten Keyboarder der Rockband Journey.

Das ist natürlich alles andere als das Profil der Kardinäle im neuesten römischen Konklave. Aber es ist der ganz normale Typ der protestantischen amerikanischen Geschäftsfrau und Fernseh-Prediger***in. Was predigt uns die neue Gegenpäpstin?

Sie predigt ein neues Evangelium, das den alten Jesuiten im Vatikan so gefährlich scheint, dass sie ihm dieser Tage im Osservatore Romano einen Verriss fast von Buchlänge gewidmet haben. Sie hätten es auch kürzer und ohne Verriss sagen können: Hier ersteht im 21. Jahrhundert aus dem16. Jahrhundert neu der alte Calvinismus: der Glaube, dass Gott denen, die er liebt, als Zeichen göttlicher Gunst Geld schenkt. Viel Geld. Allerdings ist das jetzt Calvinismus nicht mehr pur, sondern angereichert mit allerhand neuer Positive-thinking-Psychologie: Schliesse auch du wie einst die alten Juden deinen eigenen Bund der Treue mit Gott, einen individuellen Psycho-Bund diesmal, und Gott wird seinerseits der göttlichen Verheissung individueller irdischer prosperity treu sein.

Das predigen nun allerdings Dutzende von Televangelists. Halb Amerika glaubt daran. Elektronisch weiter übertragen wird das prosperity gospel in die halbe Welt: nach Süd-Korea, nach Ghana, nach Nigeria, nach Mexiko, nach Argentinien und Chile. Und wenn man euch erzählt, dass halb Brasilien „protestantischen Sekten“ verfallen sei, dann glaubt das nicht. Das sind keine „Sekten“ im abwertenden deutschen Wortsinn, sondern dynamische junge Christ***innen, die sich nicht mehr mit der alten Liebe des Vatikans zu den Armen abfinden wollen. Vielmehr wollen sie, von Gott und seinen US-amerikanischen Televangelists gesegnet, es zu ewas bringen in Brasil today.

Mit Mrs. Paula White sind wir allerdings schon einen Schritt weiter. Weiter voran ins Alte Testament. Hat Gott nicht, um die Verheissung seines Bundes mit Israel zu erfüllen, dem auserwählten Volk einen „Priesterkönig“ geschenkt? Verstehen wir jetzt endlich den Sinn jener Photos aus dem Weissen Haus, auf denen jeweils ein volles Dutzend Televangelist***innen ihre Hände segnend auf Donald Trumps biblische Mähne legen. Daneben,  das alttestamentarische  Ereignis inszenierend, die Leiterin des „White House Faith Office“, Paula White herself. Ganz in papales Weiss gekleidet, so steht sie neben Donald Trump, wie einstmals der Prophet Nathan neben dem Priesterkönig David stand.

Lacht nicht! Bald schon könnten wir im agnostischen Westeuropa die letzten sein, die noch nicht an den davidischen Priesterkönig im Weissen Haus glauben, sondern immer noch und paradoxerweise an den Papst in Rom. Als Allerletzte werden wir uns noch empören über die – leider schwer wiederlegbare  - Botschaft amerikanischer Telephangelist***innen:

„Wenn Gott die Armen lieben würde, wären sie nicht arm.“